Hochinteressante Führung durch das Klerikal-Haus Fischergasse 2
07.05.2017 von Gernot Anders
Denn noch vor dem Betreten des Hauses erzählte Stadtbaumeisterin Barbara Schelle den knapp 20 anwesenden Vereinsmitgliedern einen regelrechten Krimi über das Haus. Nach dem Tod des Herrn Uth hatte die Stadt das Haus gekauft. 1999 erfolgte eine Abrissgenehmigung. Noch vor wenigen Jahren meinten nach einer Besichtigung einige Beteiligte, die dem Erhalt von alten Gemäuern durchaus wohlgesonnen sind: Weg damit, da ist nichts mehr zu machen. Glücklicherweise lief die Abrissgenehmigung 2016 aus. Vor einer Verlängerung beschloss man, nochmals genauer hinzusehen.
Und siehe da, das Haus entpuppte sich als das zweitälteste Haus der Freisinger Altstadt. Und die Forschung brachte weiteres Erstaunliches zutage. Man entdeckte, dass an dieser Stelle ursprünglich ein einstöckiges Haus stand. Einzelne Sparren des Dachstuhls waren laut dendrochronologischer Untersuchung (Altersbestimmung anhand der Jahresringe) im Jahr 1399 gefällt worden. Aus dieser Zeit stammen auf drei Seiten auch die Mauern im Erdgeschoss. Knapp hundert Jahre später, 1490, trug man den Dachstuhl ab, baute in Holzblockbauweise (in Freising unüblich) einen ersten Stock drauf, und unter Verwendung der alten Sparren einen neuen Dachstuhl darüber. Im Laufe der Zeit wurden immer mehr Holzbalken des 1. Stocks durch steinerne Mauerteile ersetzt – all das konnte man bei der Führung durch das Haus sehen. Nach den Erkenntnissen der Bauforschung ist der Anblick des Hauses heute identisch mit dem Anblick aus fürstbischöflicher Zeit. Das Haus kam selbstverständlich sofort in die Denkmalliste und ist nun vor einem Abbruch sicher.
Bei der Führung im Inneren des Hauses sah man unter fachkundiger Leitumg von Frau Schelle erhaltene Bauteile aus der Entstehungszeit, aber auch „Modernisierungsmaßnahmen“. Es waren Innenmauern eingezogen worden. Und es gibt auf der Hangseite natürlich auch kein Plumpsklo mehr wie früher, sondern einen im 20. Jahrhundert angebautes Badbereich. Auch ein Kamin ist inzwischen im Haus vorhanden, aber man konnte noch nachvollziehen, wie davor der Herdrauch durch das Schindeldach abzog. Der Fußboden im Erdgeschoß ist feucht und ramponiert. Die Moosach liegt zu nah. Aber die oberen Teile des Hauses sind in erstaunlich trockenem und dadurch sanierbarem Zustand.
Und die Stadt Freising wird als Eigentümerin dieses historische Juwel sanieren. Nicht sofort. Das alte Lyceum, genannt Asamgebäude, obwohl die Asams mit der Architektur des Gebäudes nichts zu tun haben, hat Vorrang. Der Stadt gebührt trotz der Zeitverschiebung Lob, dass sie bei eigenem denkmalgeschütztem Besitz so verantwortungsvoll umgeht und damit Vorbild für alte Häuser von Privatbesitzern ist, während in anderen Orten reihenweise schützenswerte Bauten vernichtet werden. Der Verein Stadtheimatpflege ist gespannt und erfreut, wie es beim Klerikal-Haus weiter geht. Den neuen Namen zumindest hat er schon gelernt.
Ach ja: Wenn der vorläufige Standplatz der städtischen (Dixi-)Toilette vor dem altehrwürdigen Klerikal-Haus voraussichtlich im Juni 2017 einem anderen Standort weicht, wäre das für das Haus sicher nicht das Schlechteste.